1. Psychologie des Schweinehundproblems
Psychologie des Inneren Schweinehundes
1. Wer bist du, Innerer Schweinehund?
Der Begriff des Schweinehundes geht auf die zur Wildschweinjagd abgerichteten und gezüchteten Hunde (Sauhunde) zurück mit so freundlichen Rassebezeichnungen wie „Bullenbeißer“, „Pommerscher Saurüde“ oder „Dänischer Blendling“. Viele dieser Rassen gibt es heute nicht mehr, noch existierende Nachfahren sind z.B. die Deutsche Dogge oder der Dogo Argentino. Diese Hundebezeichnungen haben einerseits eine deutliche aggressive Note, andererseits agiert der Sauhund aber auch im Dienste des Menschen. Diese Gegensätzlichkeit von gleichzeitigem aggressiv gegen etwas sein und einem sich ein- oder unterordnen zeichnet auch unser Schweinehundproblem aus. Denn ich muss mich schon aggressiv gegen die Wohnzimmercouch richten, um mein Fitnessprogramm durchzuziehen, ich muss mich aktiv gegen den Griff in die Süßigkeitentüte wehren, um meine Ernährung auf gesündere Füße zu stellen. Ich muss aber genauso lernen, wann es Zeit für die Wildschweinjagd ist und wann die Zeit für die Gemütlichkeit vor dem Kaminfeuer, den Sauhund eingerollt neben mir liegend.
Sauhund ist übrigens ein vor allem in Süddeutschland gebräuchliches Schimpfwort, um gleichzeitig Anerkennung für eine bestimmte Tat zu zollen, und andererseits aber auch ihre moralische Zweifelhaftigkeit zum Ausdruck zu bringen. Also auch hier stoßen wir auf eine Gegenläufigkeit, die unlösbar zueinander gehören scheint.
Beschäftigt man sich weiter mit dem Schweinehund, den man zu überwinden habe, um das Bessere zu tun, obwohl das Schlechtere einen stärker anzieht, so landet man flugs bei den alten griechischen Philosophen wie Aristoteles, Sokrates etc., die diesem menschlichen Problem den Begriff Akrasia verpasst haben und darüber trefflich diskutierten. Ergo ist das Schweinhundproblem keine Zivilisationskrankheit von uns Verwöhnten des 21.Jhd´s, sondern es ist seit alters her ein seelisches Grundthema. Verfolgt man die Quellen weiter, so ergibt sich die These, dass das Problem so alt ist wie der – im prähistorischen Sinne – Moderne Mensch sein mag.
Es scheint nämlich, dass das Problem an dieser Stelle in der Menschheitsentwicklung seinen Ursprung hat, wo der Mensch vor 35-40Td Jahren verstärkt begann, in die Umwelt einzugreifen. Und wo er auch begann, den Hund zu unterwerfen, respektive sich ihn zum treuen Begleiter zu machen, was frühe Grabfunde beweisen. Also zu der Zeit, wo man annehmen kann, dass bewusstes und gezieltes Verhalten die Instinktsteuerung entscheidend abzulösen begann. Mensch war nicht mehr gezwungen, das instinktmäßig einzig Richtige zu tun, sondern begann in sich Wahlmöglichkeit und Entscheidungshoheit zu erleben. Die Lust dazu, tun und lassen zu können, entstand. Das Pendeln zwischen Existenznotwendigkeiten und Wahlfreiheit stellte der Seele eine neue, grundsätzliche Herausforderung, bis zum heutigen Tag. Der Mensch entwickelte Instrument um Instrument als Mittel zum Zweck, so richtete er den Hund ab, um das Wild zu stellen. Als Herr über die Mittel kann der Mensch sein Größengefühl genießen, entbehrt jedoch das Gefühl, selbst und aus eigener Kraft das Schwein zu erlegen. Der Grundinstinkt wurde auf´s Tier übertragen, der Mensch behielt das Machtgefühl.
Somit bezeichnet der Innere Schweinehund das Mittel (hier der Sauhund), welches wir in unserer Freiheit der Entscheidung eingesetzt haben, um eigene Zwecke zu erfüllen. Dies entlastet und spart Anstrengung. Den Schweinehund zu überwinden heißt demnach, auf ein vermeintliches Stück Freiheit und das damit verbundene Mittel zu verzichten. Gleichsam vom hohen Roß heruntersteigen, um selbst wie ein Sauhund das Wildschwein zu jagen.